Über die Ufer – Mit dem Kanu auf der überfluteten Eider

An einem Wochenende im Februar waren Kim und ich auf der Eider unterwegs. Von Reesdorf aus wollten wir bis nach Achterwehr paddeln. Eine altbekannte Tour, doch mit Hochwasser trotzdem ganz neu.

Alte Steinbrücke Canadier wird zu Wasser gelassen

Erst wollen wir hinter der Eisenbahnbrücke in Reesdorf einsetzen, aber mein Vater, der uns hier hergefahren hat, besteht darauf, dass die alte Steinbrücke von 1803 noch auf einem Foto festgehalten wird. Also zurre ich das Boot wieder auf dem Autodach fest und wir fahren 100 Meter zurück. Beim Packen des Canadiers gesellt sich halb Reesdorf dazu, um das Spektakel des Tages zu begutachten.

Mann steht mit Gummistiefel neben Kanu in überflutetetem Feld

Die letzten Wochen gab es in Norddeutschland mehrmals wöchentlich Sturmfluten und Regen füllte die Flüsse. Die Eider ist nicht mehr in ihre Kurven gepresst, sondern tritt nun über die Ufer. Wir paddeln über die Wiesen quasi in einer Seenlandschaft, die wir so noch nie erlebt haben. Hier ist es allerdings so flach, dass man sogar stehen kann.

Auch wenn das Hochwasser unser Boot über viele Hindernisse hinwegschwimmen lässt, stellen manche Brücken eine echte Schwierigkeit dar. Gleich die erste Brücke auf unserem Weg lässt für uns nur wenige Zentimeter Platz. Beim ersten Versuch hat Kim noch etwas Platzangst. Beim zweiten Anlauf mit Augen zu und durch schaffen wir es aber bis zur anderen Seite. “Wie in einem Indiana Jones Film!”, meint Kim. Stimmt schon, denn die ganze untere Seite der Brücke war voller winziger Spinnen.

Ein Canadier wird von einer Frau an einem umgefallenen Baum vorbei durch ein überflutetes Feld gezogen.

Besonders im Kieler Ortsteil Hammer blockieren umgestürzte Bäume den Fluss. Über den ersten tief im Wasser liegenden Baum kommen wir gerade so rüber, bei dem zweiten Baum müssen wir ein paar Äste mit der Säge abtrennen und bei der dritten Blockade weichen wir über ein überschwemmtes Feld aus.

Ein von innen beleuchtetes Zelt am Fluss unter einer alten Eiche.

Nach über 20 Kilometern suchen wir uns ein ruhiges Plätzchen für die Nacht. Unsere Brötchen sind aufgegessen, also holen wir den Kocher raus um ein paar Spaghetti zu kochen. Als das Ding aber nur ein klägliches Flämmchen von sich gibt und zu husten anfängt, erinnere ich mich daran, dass ich diese Gaskartusche wahrscheinlich schon vor 8 Jahren auf einer meiner ersten Touren mit hatte. Zum Glück lässt sie mich trotzdem nicht im Stich. Mit etwas Geduld und Anfeuerungsrufen von Kim bringen wir die Nudeln bis in Ziel: unseren Magen.

Frau zieht Canadier mit einem Ziehschlag dynamisch um die Kurve

Am nächsten Tag warten noch ein paar Schlüsselstellen der Strecke auf uns. Bei der Steinfurther Mühle müssen wir den Bootswagen rausholen und über die Straße umtragen. Auch mit ordentlich Hochwasser führt an dem Wehr kein anderer Weg vorbei.
Gleich im Anschluss kann Kim beweisen, dass sie doch nicht nur mit den Augen rollt, wenn ich mal wieder Techniktipps gebe. Die Haarnadelkurven kurz vor dem Westensee meistern wir dank ein paar sauberer Ziehschläge mit Bravour.

Frau paddelt Canaier an einer Brücke vorbei die unter Wasser steht

“Da können wir einfach oben drüber fahren”, habe ich mehrmals voraus gesagt, bevor wir an der letzten Brücke vor dem Westensee ankommen. Auch bei normalem Wasserstand kommt man hier mit dem Kajak nur gerade so drunter durch. Dementsprechend matschig ist auch der Wanderweg daneben. Heute ist der Weg quasi befahrbar … mit dem Boot.

Nach all dem Regenwetter der letzten Wochen haben wir dieses sonnige Wochenende in vollen Zügen genossen. Und ohne den vielen Regen hätten wir den Fluss in dieser Variante auch nicht kennengelernt. Außerdem wurden wir wieder daran erinnert, dass es gleich vor unserer Haustür einfach sehr schön ist.